Säkularer Buddhismus – was soll das sein, was soll das werden?
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Ein säkularer Umgang mit spirituellen Traditionen ist ein spannendes Thema für mich. Deswegen bin ich stolz darauf, dass ich die Gedanken von Evamaria Glatz über den säkularen Buddhismus teilen darf.
"...Fragen sind uns wichtiger als Antworten. Wir wollen handeln, nicht glauben..." Danke Dir, liebe Evamaria!
Wir meinen, dass Siddharta Gotama durch seine Reden ein Rad angestoßen hat, dessen Bewegung uns heute noch mittragen kann. Ausgangspunkt und Zentrum zugleich sind seine Worte über den Umgang mit Schmerz. Buddha sagte: In jedem Menschenleben gibt es Dinge, die tun weh. Lasst sie gelten und nehmt sie an. Nur wenn ihr mit dem Schmerz lebt, könnt ihr mit Freude leben. Dies gehört zum „Buddhistischen“ bei uns.
Wir möchten uns dem Geruch, dem Klang, dem Geschmack der Wirklichkeit anvertrauen. Dabei richten wir unsere Hoffnung auf nicht mehr und nicht weniger als eine gute Zeit für uns selbst, die Menschen in unserer Nähe und alle anderen, die uns ferner stehen. „Erwachen“ ist für uns ein kontinuierlicher Prozess von Einsicht und Reifung; über Erfahrungen von Transzendenz jenseits unseres endlichen Lebens spekulieren wir nicht. Das ist das „Säkulare“ bei uns.
Wir wollen lernen, was Buddha gelehrt hat, und wie seine Gedanken in der Geisteswelt seines Jahrhunderts wurzeln. Wir möchten uns an der Arbeit sachkundiger Menschen orientieren, die herauszuschälen versuchen, was an seinen Reden vor ihm noch nicht gesagt worden ist. Wir planen, uns auch mit Texten von Denkerinnen und Denkern zu befassen, die nach Buddha gelebt haben und explizit oder implizit an ihn anschließen. Dabei wollen wir uns gleichermaßen mit theoretischen Überlegungen wie mit praktischen Anleitungen beschäftigen. Innerhalb dieses Rahmens liegt unser Weg, den wir respektvoll und kritisch suchen, jede/r für sich und alle gemeinsam.
Keiner Schule wollen wir folgen und keine begründen. Wir streben nicht ein System an, das die Welt erklärt, sondern werden Gedanken und Ideen sammeln, einander gegenüber stellen und weiterführen. Fragen sind uns wichtiger als Antworten. Wir wollen handeln, nicht glauben.
Zu unserer Praxis gehört Meditation als Übungsfeld für Achtsamkeit bei allem, was wir tun. Am Schreibtisch und beim Radfahren, bei der Gartenarbeit und in der Werkstatt, beim Kochen und beim Essen, beim Sprechen und beim Zuhören, im Krankenhaus und im Urlaub wollen wir so voll leben, wie es uns möglich ist, und uns daran weiterentwickeln. Freundlichkeit, Gleichmut, Respekt und Mitgefühl uns selbst und unserer Umgebung gegenüber wollen wir kultivieren.
Wir verstehen uns als engagierte Menschen in einer gefährdeten Welt, an deren Gestaltung wir gewaltfrei und nachdrücklich auf vielfältige Weise teilnehmen.
Mehr über Achtsamkeit und Meditation:
Die fünfzehn Wahrheiten des Stephen Schettini